Corporate Body Staatliche Gerichte erster und zweiter Instanz in Wien

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History
Nach Aufhebung der letzten privilegierten Gerichtsstände 1849 (RBGl. 150/1849) erfolgte mit kaiserlicher Entschließung vom 14. Juni 1849 (RGBl. 278/1848) und deren Folgebestimmungen eine Umgestaltung der Gerichtsorganisation. Folgende Gerichtstypen wurden geschaffen: Oberster Gerichtshof, Oberlandesgerichte, Landesgerichte und Bezirksgerichte. Das Gesetz über den Wirkungskreis und die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen vom 18. Juni 1850 (RGBl. 237/1850) setzte alle Jurisdiktionsnormen für Österreich unter der Enns vom 27. August 1783 außer Kraft.
Die Zivilgerichtsbarkeit wurde in der Regel in I. Instanz von den Bezirksgerichten, in II. Instanz von den Landesgerichten und in III. Instanz vom Oberlandesgericht ausgeübt. In den der Gerichtsbarkeit der Landesgerichte als I. Instanz zugewiesenen Angelegenheiten trat das Oberlandesgericht als II., der oberste Gerichtshof als III. Instanz auf. Der Gerichtsstand der Glieder des Kaiserhauses und des Heeres blieb durch die neue Gerichtsverfassung unberührt. Geschäfte der Handelsgerichtsbarkeit fielen dem Handelsgericht zu.
Die Strafgerichtsbarkeit wurde von den Bezirksgerichten beziehungsweise den Landesgerichten und im weiteren Instanzenzug vom Oberlandesgericht und dem Kassationshof ausgeübt.
Zuständig war nun jenes Gericht, in dessen Sprengel der Beklagte zur Zeit der Einbringung der Klage seinen ordentlichen Wohnsitz hatte; eheliche Kinder folgten dem Gerichtsstand des Vaters, uneheliche dem Gerichtsstand der Mutter, bei Ehescheidungen war der letzte gemeinsame Wohnort ausschlaggebend, ebenso der letzte ordentliche Wohnsitz des Verstorbenen, des Mündels oder des zu Entmündigenden.
Die endgültige Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen erfolgte jedoch nach einem Rückschritt im Neoabsolutismus erst 1867 (RGBl. 144/1867). Diese Gerichtsorganisation der Monarchie behielt - mit einigen Änderungen anlässlich der Justizreform um die Jahrhundertwende - ihre Gültigkeit im Wesentlichen bis zum Ende der ersten Republik.
Das Oberlandesgericht Wien (ehemaliges k.k. Appellations- und Criminal-Obergericht für Österreich unter und ob der Enns) als Gericht II. Instanz entstand 1853 (RGBl. 10/1853). Die Wirksamkeit für Ober-, Niederösterreich und Salzburg begann am 31. August 1854 (RGBl. 206/1854). Seit 1921 fiel auch das Burgenland in seinen Sprengel (Verordnung der Bundesregierung vom 22. Juli 1921, BGBl. 476/1921) . Mit der Errichtung des Oberlandesgericht Linz am 9. Februar 1939 für Oberösterreich (GBfLÖ 198/1939) und den Sprengel des Landesgerichts Salzburg, der bereits 1924 aus dem Oberlandesgericht Wien ausgeschieden und dem Oberlandesgericht Innsbruck zugewiesen wurde (BGBl. 380/1924), beschränkt sich die Zuständigkeit des Wiener Oberlandesgerichts auf Wien, Niederösterreich und das Burgenland.
Weitgehende Änderungen brachte das Jahr 1938. Am 22. März 1938 wurde die Verordnung über die Rechtspflege in Österreich, am 23. April 1938 jene zur Überleitung der Rechtspflege im Land Österreich auf das Reich erlassen (GblfLÖ 20/1938 und 250/1938). Die Bezeichnung Bezirksgericht wurde durch Amtsgericht ersetzt, statt Landesgerichte hieß es nun Landgerichte (GblfLÖ 350/1938). Die Amtsgerichte für Handels-, Straf- und Exekutionssachen wurden aufgehoben.
Eine Vereinigung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen, der Landesgerichte für Strafsachen Wien I und II, des Handelsgerichts und des Jugendgerichtshofes zum Landgericht Wien erfolgte mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1939 (RGBl. I, S. 751, GBlfLÖ 522/1939). Die endgültige Aufhebung der Selbständigkeit der beiden Landesgerichte für Strafsachen wurde erst 1944 (1. Juni) erreicht.
Der oberste Gerichtshof wurde aufgehoben und seine Zuständigkeit dem Reichsgericht übertragen. Die Zuständigkeit des bereits 1934 errichteten Volksgerichtshofs (Aburteilung von Landes- und Hochverratsfällen) erstreckte sich seit 20. Juni 1938 auch auf das österreichische Gebiet (GblfLÖ 221 und 222/1938). Weiters agierten diesbezüglich Militärgerichte (Reichskriegsgericht, Zentralgericht des Heeres, Feldgericht, Divisionsgericht und andere) sowie die seit Oktober 1939 eigene Gerichtsbarkeit der SS (Schutzstaffel) und die gegen Ende des Krieges eingesetzten Standgerichte.
Weniger schwere Fälle trat der Volksgerichtshof an das Oberlandesgericht ab. Für rasche Aburteilung politischer Bagatellfälle und jener aufgrund von nationalsozialistischen Sondergesetzen begangenen Delikte diente ein Sondergericht beim Oberlandesgericht, das mit Verordnung vom 20. November beziehungsweise 23. Dezember 1938 in Österreich eingeführt wurde (GblfNÖ 614 und 678/1938).
Das Gerichtsorganisationsgesetz vom 3. Juli 1945 stellte die am 13. März 1938 bestandene Organisation der Gerichte unter Beibehaltung einiger Änderungen wieder her (StGBl.47/1945). Dazu gehörte die Wiedereinführung des Jugendgerichtshofs, des Handelsgerichts, des Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien und des Landesgerichts für Strafsachen Wien (eine Teilung unterblieb, 17. Oktober 1945, StGBl. 203/1945); ebenso der 1939 aufgehobenen Bezirksgerichte für Strafsachen, für Handelssachen und des Exekutionsgerichts (StGBl. 122/1945, BGBl. 200/1945). Die Bezeichnung Amtsgerichte wurde in Bezirksgerichte rückgewandelt.
Mit Gesetz vom 2. Dezember 1958 (BGBL 269/58) wurde mit 1.1.1959 das Landesgericht Eisenstadt errichtet. Damit schied das Gebiet des Burgenlandes aus dem Zuständigkeitsbereich der Gerichtshöfe 1. Instanz in Wien (Landesgericht für Zivilrechtsachen, Landesgericht für Strafsachen, Handelsgericht Jugendgerichtshof) aus.
Mit dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) vom 7.3. 1985 (BGBL 104/85), das am 1.1. 1987 in Kraft trat, wurde für den Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen das Arbeits- und Sozialgericht (ASG) errichtet. Es trat an die Stelle des Arbeitsgerichts und des Schiedsgericht der Sozialversicherung.
Mit 1. Jänner 1997 (Grundlage BGBL 91/1993) wurde die Zuständigkeit der Gerichtshöfe 1. Instanz in Wien auf das Stadtgebiet beschränkt.
In den 1980er Jahren begann auf Grundlage des Bezirksgerichts-Organisationsgesetz (vom 9.5.1985; BGBL 203/85) die Auflassung von "Spezialgerichten" wie 1997 des Strafbezirksgerichts und des Exekutionsgerichts und die Errichtung neuer Gerichte wie die Bezirksgerichte Donaustadt (1.1.1986), Josefstadt (1.1.1993), Meidling (1.4.1997) und Leopoldstadt (1.1.2001). Seit 1997 üben alle Wiener Bezirksgerichte in ihren Sprengeln die Vollgerichtsbarkeit aus.
Der Jugendgerichtshof wurde mit 31.12.2002 aufgelöst. Die Zuständigkeit der Pflegschafts- und Übertretungs- (U) Akten fiel an die Bezirksgerichte, die Zuständigkeit der Strafakten (Vr, Hv) übernahm das Landesgericht für Strafsachen.
... [Kuerzung des Originals]
Die Aufbewahrungsfristen von Gerichtsakten wurden im 20. Jahrhundert in der Geschäftsordnung der Gerichte I. und II. Instanz in den §§ 173-176 geregelt. Seit 1999 werden sie durch das Bundesarchivgesetz (BGBL 162/1999) und seit 2002 durch die Archiv-Verordnung über die Änderung der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz geregelt. (BGBl II 164/2002 ).

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